21. März 2021

Wer Rassismus duldet, ist Teil des Problems

Erinnert Ihr Euch noch an letztes Jahr? Neben Corona dominierte 2020 noch ein anderes großes Thema die Debatten: Der Tod von George Floyd, der im Mai letzten Jahres in Minneapolis während eines Polizeieinsatzes brutal getötet wurde, bewegte die ganze Welt und brachte die Menschen überall auf die Straßen. Hunderttausende demonstrierten wöchentlich gegen Polizeibrutalität und für schwarze Leben – in den USA aber auch in Deutschland. Die Protestaktion #Blackouttuesday sorgte im Juni dafür, dass man auf Instagram für einen Tag nahezu ausschließlich schwarze Kacheln zu sehen bekam. Millionen Menschen beteiligten sich an dieser Aktion, um international ein Zeichen gegen Rassismus zu setzen. Doch was ist heute, gut ein Jahr später, noch davon übrig-geblieben?

Rassismus ist eine objektive Realität. Ob wir nun von Alltagsrassismus, institutionellem Rassismus oder auch rassistischer Polizeigewalt sprechen – Rassismus ist real, betroffene erleben ihn jeden Tag. Rassismus ist so real, dass er Menschenleben kostet. Auch hier in Deutschland. Man denke an Oury Jalloh, der in einer Dessauer Polizeistelle verbrannte, und Amad Ahmad, der wegen einer Verwechslung über Monate unschuldig in der JVA Kleve einsaß und dann ebenfalls in seiner Zelle verbrannte. Ahmad und Oury sind nur zwei Beispiele von vielen. 

Rassismus bekämpfen – heute und jeden Tag

Für viele mag es mühselig und unangenehm sein, über Rassismus zu sprechen – doch wirklich unangenehm ist es für diejenigen, die ihn tagtäglich erfahren und die durch den anhaltenden Diskurs ihre Traumata immer wieder durchleben müssen. Gleichzeitig werden sie in den Debatten – in den Medien, in der Poltik aber auch im Alltag – häufig nicht ernst genommen. Ziel ist es nicht, einen Hype auf Social Media zu starten und sich für ein paar Tage mit Rassismus zu befassen. Vielmehr geht es darum, Gedankenstrukturen und Vorurteile aufzudecken und abzubauen. Die Straßenseite wechseln, wenn einem eine schwarze Person entgegenkommt. Bei einer Eilmeldung zu einer Straftat davon ausgehen, dass es ein Libanese war. Oder auch einen Menschen, der als nicht weiß oder deutsch wahrgenommen wird, nach der wirklichen Herkunft zu fragen. All diese Vorurteile sind es, die den Rassismus in unserer Gesellschaft am Leben halten. Um diese Denkstrukturen zu durchbrechen, ist es notwendig, dass wir uns als Gesellschaft ehrlich mit diesem Thema befassen und unser Verhalten reflektieren. Dazu gehört, sich solche Gedankenstrukturen ehrlich einzugestehen und sie beim Namen zu benennen: Rassismus. Es reicht nicht nur schwarze Kacheln auf Instagram zu posten. Um Rassismus zu bekämpfen, ist es entscheidend, diesen zu benennen und einzuschreiten, wenn wir rassistische Vorfälle mitbekommen – auch und vor allem unter Freund*innen und Bekannten. Genauso wie Rassismus ein alltägliches Problem ist, soll auch der Kampf dagegen alltäglich sein. Denn wer Rassismus duldet, ist ganz klar ein Teil des Problems. 

Über Rassismus muss gesprochen werden – und zwar nicht über Betroffene, sondern mit den Betroffenen. Der Kampf gegen strukturelle, rassistische Vorurteile und Stereotype muss aus der Gesellschaft kommen und dafür braucht es jede*n Einzelne*n. Gleichzeitig braucht es Institutionen wie Schulen, Justiz, Politik und öffentliche Verwaltungen – um konkrete Maßnahmen gegen Rassismus einzuleiten und umzusetzen. Wir brauchen Lehrpläne in denen die Themen Kolonialisierung und (Anti-Schwarzer) Rassismus behandelt werden. Wir brauchen in jedem Land Antidiskriminierungsgesetze wie in Berlin, wir brauchen eine unabhängige Anti-Rassismus-Behörde und wir brauchen Gelder von Bund und Ländern, um repräsentative Studien zu Rassismus durchzuführen. Wir brauchen eine Verpflichtung zum Tragen und Einschalten von Bodycams bei Polizist*innen, wir brauchen mehr Repräsentanz von Black People und People of Color (BiPoCs) in allen gesellschaftlichen Bereichen und wir brauchen den Einsatz und den Willen jedes*r Einzelnen, sich selbst zu reflektieren und bei rassistischen Vorfällen einzuschreiten. 

Check your (white) Privilege!

Zuhören, verstehen, sich solidarisieren: Im Kampf gegen Rassismus dürfen weiße Menschen nicht stumm bleiben. Seid Verbündete – nicht nur nachdem etwas schlimmes passiert ist, sondern immer. Dabei ist es nicht Aufgabe von BiPoCs über Rassismus aufzuklären und auf rassistisches Verhalten aufmerksam zu machen. Auch darf es nicht zu einer Opfer-Täter*innen-Umkehr kommen, bei der sich der*die Täter*in als Opfer sieht, nachdem ihr*ihm rassistisches Handeln gespiegelt wurde. Lernt, bildet Euch weiter, reflektiert – informiert Euch. Es gibt zahlreiche Angebote wie Bücher, Filme oder Serien!

Wir können Euch unter anderem diese Texte und Bücher empfehlen:

  • Exit RACISM von Tupoka Ogette 
  • Deutschland Schwarz Weiß von Noah Sow
  • Farbe bekennen von Katharina Oguntoye
  • Was weiße Menschen nicht über Rassismus hören wollen, aber wissen sollten von Alice Hasters 
  • Don’t Touch My Hair von Emma Dabiri
Zur Autorin:
Lawrencia A. Pomaa hat diesen Text für den AK Antifa zum internationalen Tag gegen Rassismus geschrieben. Der AK Antifa kommt einmal im Monat zusammen und befasst sich mit aktuellen Ereignissen Rund um das Thema Antifaschismus. Ansprechpartnerin ist Sophie Kallweit.